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Antworten auf Fragen zum Bürgerforum vom 26. Juni 2020 – Teil 2

„Kleines Übel auf uns nehmen, um andere zu schützen“

In einem Bürgerforum auf dem Meininger Markt hatten sich kürzlich Politiker und ein Mediziner den Problemen der Bürger in Zusammenhang mit der Corona-Krise gestellt. Fragen, die an dem Abend offen blieben, sollten im Nachhinein beantwortet werden.

Auf Karteikärtchen konnten an jenem Bürgerforum-Abend in Meiningen Fragen gestellt werden. Die Gesprächspartner schafften es aus Zeitgründen nicht, auf alle Probleme einzugehen, versprachen den Anwesenden aber, das später noch schriftlich zu tun – unter anderem auf der Internetseite des Landratsamts www.lra-sm.de. Lesen Sie heute die Antworten (zweiter Teil) von Landrätin Peggy Greiser.

Am Anfang der Veranstaltung wurden keine Veranstaltungsauflagen vorgelesen. Kein einziger gekennzeichneter Ordner war ersichtlich. Gilt die Vorgabe vom Landratsamt/Ordnungsamt heute nicht?

Peggy Greiser: Die oben genannten Auflagen gelten für Versammlungen, hier gilt Versammlungsrecht. Das Bürgerforum war eine öffentliche Veranstaltung für die derartige Auflagen nicht gelten. Ordner waren aber dennoch beim Bürgerforum vor Ort. Das Hygienekonzept wurde meines Wissens umgesetzt.

(siehe www.lra-sm.de – Coronavirus – Informationen zu Veranstaltungen, Versammlungen und Zusammenkünften)

Bei gerade einmal 0,0064 Prozent Infizierten im Landkreis: Wie lange soll da noch die Maskenpflicht aufrechterhalten bleiben?

Müssen bei den jetzigen hochsommerlichen Temperaturen erst Menschen sterben? Sind diese Verluste einkalkuliert?

Wie ist die Maskenpflicht mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit vereinbar?

Peggy Greiser: Ich weiß, dass es sehr belastend sein kann, über einen längeren Zeitraum eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, und dass die Maßnahme bei den wenigsten für Begeisterung sorgt. Dennoch halte auch ich diese Regel im ÖPNV und in Geschäften für zwingend notwendig. Internationale Studien zeigen, dass Länder, die eine Maskenpflicht eingeführt haben, die Krise besser bewältigen. Auch das Robert-Koch-Institut hat sich ja diesbezüglich korrigieren müssen. Aber auch das ist eine Qualität, dass eine solch große staatliche Behörde nicht auf Fehleinschätzungen beharrt, sondern diese auch korrigiert. Außerdem machen solche Vorgaben aus meiner Sicht nur Sinn, wenn sie bundes- oder zumindest landesweit einheitlich umgesetzt werden.

Wir haben zuletzt in vier Kitas und zwei Schulen Corona-Fälle registrieren müssen. Die Krise ist also mitnichten überstanden – zumal heute häufig nicht klar ist, wo sich die Infizierten angesteckt haben. Wir müssen also von einer Dunkelziffer ausgehen. Und wie rasant sich das Virus verbreitet, haben wir in den Landkreisen Greiz, Sonneberg oder Gütersloh gesehen.

Im Übrigen: Wer wirklich gesundheitliche Probleme hat, kann sich das ja vom Arzt attestieren lassen, wenn dieser aber zur Einschätzung kommt, dass keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorliegen, ist die Maske zu tragen. Und vielleicht sollte man dabei auch mal an die Menschen denken, die nicht nur beim Einkaufen eine Gesichtsmaske tragen müssen, sondern wie Pflegekräfte fast den ganzen Arbeitstag.

Auch die Justiz in Deutschland hat derzeit in zahlreichen Urteilen bestätigt, dass die Maskenpflicht vorübergehend hinzunehmen sei, da der Eingriff die Gefahren einer Infektion nicht deutlich überwiege, also verhältnismäßig sei, und kurzzeitig in bestimmten Situationen erfolge.

Floh-Seligenthal: Mittwoch – Feststellung von Covid/19 in der Kita, Donnerstag, Freitag und Montag wurde sie weiter betrieben mit allen Kindern. Ab Dienstag gab es Tests. Hatte das Virus Urlaub?

Peggy Greiser: Der Abstrich des erkrankten Kleinkindes in Floh-Seligenthal erfolgte am 23. Juni, einen Tag später am Abend, unmittelbar nach Eingang des Testergebnisses wurde die Infektion an unser Gesundheitsamt gemeldet. Bis in die späten Abendstunden ermittelten unsere Mitarbeiter die Kontaktpersonen und versetzten diese unmittelbar in Quarantäne, die direkten Kontaktpersonen wurden in der Regel gleich am nächsten Morgen getestet. Deswegen kann ich die Angaben nicht nachvollziehen. Und nein, ein Virus macht keinen Urlaub.

Warum wartet man immer noch zwei Wochen auf die Zulassung eines Kfz, obwohl da schon immer Plexiglasscheiben waren und die Tische weit auseinander standen?

Peggy Greiser: Im März war die Außenstelle in Schmalkalden coronabedingt komplett geschlossen. In Meiningen haben lediglich drei Kolleginnen den Besucherverkehr bestritten und konnten somit nicht alle Zulassungsvorgänge abarbeiten. Zulassungen von zum Beispiel Wohnmobilen, Motorrädern sowie Umschreibungen wegen Adressänderungen wurden bis Ende April gar nicht vorgenommen, sodass hier ein Bearbeitungsstau entstanden ist, der uns noch immer anhängt. Dazu kommt, dass die Urlaubszeit begonnen hat, sodass nicht alle Arbeitsplätze besetzt sind, was die Möglichkeit Termine zu vergeben, weiter einschränkt. Leider werden auch immer wieder vereinbarte Termine ohne entsprechende Mitteilung nicht wahrgenommen, was für die Mitarbeiter und für andere Bürger sehr ärgerlich ist, da diese aufgrund der Situation lange auf Termine warten müssen. Das ist natürlich nicht unser Anspruch, daher prüfen wir derzeit intern, wie wir den Bearbeitungsstau bestmöglich abarbeiten können.

Das Problem ist, dass bei einer kompletten Öffnung ohne vorherige telefonische Terminvergabe nur schwer sichergestellt werden kann, dass – gerade in Schmalkalden in dem kleinen Flur – Abstandsregelungen eingehalten werden können. Deswegen gilt, wie in unserer Behörde insgesamt, für Besucher und Fremdfirmen weiterhin Maskenpflicht.

Haben Sie in den Altenheimen nachgefragt, wie es den Leuten mit Kontaktbeschränkung geht? Es sind die Leute, die unsere Rente erarbeitet haben.

Wieso muss eine arme Rentnerin ein Ordnungsgeld bezahlen, obwohl sie sich Gedanken um die Leute im Pflegeheim macht?

Peggy Greiser: Es gab zahlreiche Angehörige, die sich bei uns gemeldet und ihr Leid geklagt haben. Das geht einem menschlich wirklich nahe. Auf der anderen Seite haben die Träger der Pflegeeinrichtungen eine hohe Verantwortung, wenn sich Menschen, die zur Risikogruppe gehören, infizieren. Es gab zahlreiche Fälle in Deutschland, wo in Einrichtungen viele Menschen gestorben sind. Ich kann mich in beide Seiten sehr gut reinversetzen – sowohl in die der Angehörigen, die nicht richtig wissen, wie es der Mutter oder dem Vater geht, als auch in die Leitung von Einrichtungen, die eine sehr hohe Last auf ihren Schultern tragen. Ein Fall, wo eine Rentnerin Ordnungsgeld bezahlen musste, weil sie gegen das Besuchsverbot in einer stationären Einrichtung verstieß, ist mir nicht bekannt.

Hätten Jesus, Mohamed und Buddha eine Maske getragen?

Peggy Greiser: Ich kann nur sagen, dass Jesus laut Evangelium Menschen geheilt hat, dass er alle Leiden, alle Krankheiten dieser Welt auf sich genommen hat. Und ich denke, das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ist das kleine Übel, das wir auf uns nehmen können, um andere zu schützen.


Die Antworten auf Fragen zum Bürgerforum vom 26. Juni 2020 – Teil 1 finden Sie unter diesem Link.


Die Antworten auf Fragen zum Bürgerforum vom 26. Juni 2020 – Teil 3 finden Sie unter diesem Link.


Die Antworten auf Fragen zum Bürgerforum vom 26. Juni 2020 – Teil 4 finden Sie unter diesem Link.