Einen ganzen Koffer voller Informationen und eine wichtige Bitte konnte Iris Gleicke wieder mit nach Berlin nehmen. Kürzlich traf die Parlamentarische Staatssekretärin beim Wirtschaftsministerium im Meininger Landratsamt mit Mitgliedern des hiesigen Integrationsnetzwerkes zusammen. Das Netzwerk sei eine großartige Sache, lobte Landrat Peter Heimrich und berichtete von seinen anfänglichen Zweifeln. „Ich habe mich gefragt, ob es uns wirklich gelingt, so viele Leute hinter dem Ofen vor zu locken.“ Nachdem sich beim zweiten Treffen an einem Mittwochabend rund 50 Teilnehmer einbrachten, sei ihm fast die Spucke weggeblieben. Iris Gleicke, gleichzeitig auch Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, hob vor dem Hintergrund eindeutig rechtsradikaler Bewegungen wie Sügida die gesellschaftliche Bedeutung hervor. „Es gibt viele Menschen, die mit Flüchtlingen wenig zu tun haben. Es ist ungemein wichtig mit ihnen im Gespräch zu bleiben, auch damit Themen wie Asyl nicht mit der Zuwanderungsdebatte vermengt werden.“
Nachdem Susanne Reum, Fachbereichsleiterin Ordnung und Sicherheit im Landratsamt, die neue Internetseite des Integrationsnetzwerkes (www.integration-lk-sm.de) vorgestellt hatte, berichteten die Leiterinnen und Leiter der einzelnen Arbeitskreise von ihren Erfahrungen. Wo der Schuh besonders drückt, wurde dabei schnell klar: beim Thema Sprachförderung. Das Problem: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) darf laut Integrationskursverordnung keine Sprachkurse für Asylbewerber fördern. „Es gibt Angebote für die verschiedensten Zielgruppen, aber dieser Baustein fehlt leider“, sagte auch Maik Werner, Regionalkoordinator beim BAMF. Er ließ allerdings durchblicken, dass das Bundes-Innenministerium derzeit an einem entsprechenden Gesetzesentwurf arbeite und eine Entscheidung im Deutschen Bundestag noch im Sommer dieses Jahres zu erwarten sei. „Auch wir warten auf Fördermöglichkeiten für Sprachkurse“, sagte Dr. Ramona Fiedler-Schäfer, die Leiterin der Volkshochschule (vhs). Derzeit könne die vhs aus eigener Kraft lediglich drei Kurse mit je drei Stunden anbieten. „Das hilft den Bedürftigen kaum.“
Michael Kaufmann vom Staatlichen Schulamt Südthüringen berichtete auf Nachfrage von Gleicke über die Sprachförderung von Flüchtlingskindern in Schulen. „In Thüringen gibt es eine Zusatzstunde pro Woche und Kind“, erklärte Kaufmann. Bei mehreren Kindern desselben Sprachraums versuche man natürlich das Angebot zu bündeln und mehrere Wochenstunden anzubieten. Mit dem Modellprojekt „Deutsch als Zweitsprache“, bei dem das Schulamt Lehrkräfte der Volkshochschule für zusätzliche Unterrichtsstunden bindet, könne man den Bedarf sehr gut auffangen. „Dieses Projekt wäre ohne die Unterstützung von vhs und Landrat nicht möglich gewesen. Es hat sich für uns als so erfolgreich erwiesen, dass wir das in Südthüringen weiter etablieren wollen.“
Weitere Projekte des Integrationsnetzwerkes sind derzeit in den Startlöchern: So ist ein Willkommensbogen entwickelt worden, der mit Hilfe des Sozialarbeiters ausgefüllt werden soll. Ziel ist es, den konkreten individuellen Bedarf der Flüchtlinge zu ermitteln (etwa Sprache, Arbeit, Freizeit, Hobby, ärztliche oder psychologische Betreuung), damit Ausländerbehörde und Netzwerk entsprechend reagieren können. Der Arbeitskreis Arbeit/Beruf hat zudem einen Flyer entwickelt, mit dem man gezielt auf Arbeitgeber zugehen will. Hiermit will man Angebote für Flüchtlinge finden: Praktikumsplätze, Einblicke in eine Ausbildung, Vermittlung berufspraktischer Kenntnisse oder „Schnuppermöglichkeiten“, um Arbeitsbedingungen und
-abläufe kennenzulernen.
Ein ganz konkretes Anliegen an die Ostbeauftragte Gleicke hatte Sabine Groh vom Bildungsträger Meiningen e.V. Sie bat die Spitzenpolitikerin, sich in der Bundesverwaltung für das beantragte Projekt „Together we are one“ einzusetzen. Das Projekt zielt auf eine ganzheitliche Förderung von Flüchtlingen ab und will die verschiedenen Akteure in der Region zusammenbringen. Es geht dabei etwa um Sprachkurse, Beschäftigungsangebote, Wegweiser für die ersten Schritte im neuen Umfeld oder um berufliche Integration. „Hiermit haben Sie eine Fürsprecherin“, versprach Gleicke, die abschließend die Arbeit des Integrationsnetzwerkes lobte und bat, weiterhin auf dem Laufenden gehalten zu werden. „Ich finde das, was Sie machen, großartig und hochspannend!“
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Die Ostbeauftragte Iris Gleicke im (2.v.l) im Gespräch mit Mitgliedern des Integrationsnetzwerkes