In den letzten Tagen war die öffentliche Meinung in Schmalkalden geprägt von Leserbriefen und Stellungnahmen, die sich ausschließlich mit der Thematik Geburtshilfe am Elisabeth Klinikum beschäftigten. Alle Stellungnahmen zeugen von einer hohen Verbundenheit mit dem Elisabeth-Klinikum und sind von der gemeinsamen Sorge um das Klinikum geprägt. Das hat mich stark berührt, auch mein Herz hängt an unserem Klinikum. Und ich glaube, ich spreche für alle Mitglieder des Aufsichtsrates und für die Geschäftsführung, wenn ich sage: Uns ist der Beschluss, die Entbindungsstation zu schließen, nicht leicht gefallen. Für mich persönlich war es der schwerste Beschluss in meiner Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender.
Deswegen macht es mich betroffen, wenn man zwischen den Zeilen in so mancher Wortmeldung den Vorwurf liest, Geschäftsführung und Aufsichtsrat hätten tatenlos zugesehen, wie sich die personelle Situation im Hebammenbereich entwickelt hat. Das Gegenteil ist der Fall. Bereits zwischen Weihnachten und Neujahr 2016 stand es in der Geburtshilfe Spitz auf Knopf. Nur durch unkonventionelle Lösungen aller Beteiligten konnte der damalige Engpass kurzfristig gelöst werden. Ich kann Ihnen versichern, dass wir in der Folge nichts unversucht gelassen haben, damit sich in Schmalkalden auch künftig werdende Eltern gut aufgehoben fühlen: Wir haben viele Gespräche mit unseren Hebammen geführt; wir haben versucht, mit Festanstellungsangeboten (inklusive Nutzung von Räumlichkeiten für Kurse) den Personalbedarf abzudecken, wir haben Stellenanzeigen geschaltet, wir haben sogar Vermittlungsfirmen und Headhunter beauftragt. Wir haben Prämien angeboten, wenn es unseren Hebammen gelingt, im Bekanntenkreis andere Hebammen anzuwerben. Wir haben Kontakt zu Hebammenschulen aufgenommen, die aber leider nur aller drei Jahre ausbilden. Und wir haben alle Hebammen aus dem weiteren Umkreis, für die eine Beschäftigung in unserem Klinikum in Frage kommen könnte, angefragt… Die bittere Wahrheit: Wir hatten mit allen Maßnahmen keinen oder nur bedingten Erfolg. Ich kann Ihnen versichern, dass der Aufsichtsrat heute wie in der Vergangenheit bereit ist, die Geburtenklinik quer zu subventionieren. Dass man mit einer Geburtsklinik unserer Größenordnung keine Gewinne erzielen kann, ist jedem klar, hier geht es um junge Menschen, die wohnortnah versorgt werden wollen, hier geht es um ein Aushängeschild des Klinikums.
Deswegen ärgern mich als Aufsichtsratsvorsitzenden und nebenbei bemerkt auch die weiteren Aufsichtsratsmitglieder, Unterstellungen in einigen Wortmeldungen: Da wird dem Aufsichtsrat quasi unterstellt, er schließe die Geburtshilfe aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus. Wenn dem so wäre, hätte der Aufsichtsrat schon 2012, dem wirtschaftlich schwierigsten Jahr des Elisabeth Klinikums, die Schließung der Geburtshilfe beschließen müssen. Das Festhalten an der Geburtshilfe war auch ein Grund für das Scheitern der Fusion mit dem Klinikum Bad Salzungen. Der Aufsichtsrat stand in wirtschaftlich weit schwierigeren Situationen hinter der Geburtshilfe und er würde es auch heute tun, wenn genug Hebammen zur Verfügung stünden. Wie gesagt: Es geht um Menschen und hier sind Provisorien und halbgewalkte „Lösungen“ keine Alternative. Alle gut gemeinten Leserbriefe haben deswegen eine ganz entscheidende Lücke: Sie zeigen keinen Weg auf, wo die dringend benötigten Hebammen denn herkommen sollen. Fakt ist: Eine Geburtshilfe ohne eine ausreichende Anzahl von Hebammen kann nicht funktionieren.
So ähnlich verhält es sich auch mit den über die Presse lancierten Rettungsangeboten eines benachbarten Klinikums, in denen sich der Geschäftsführer, Herr Leder, großzügig als Retter der Geburtshilfe am Elisabeth Klinikum anbot. Der SRH-Chef signalisierte in den Medien, über “Abordnung” oder “Delegation” Hebammen aus Suhl nach Schmalkalden zu schicken oder noch besser: Die werdenden Muttis sollen am besten gleich in das SRH-Klinikum kommen. Ich bin mir im Übrigen auch sicher, dass hier durch das medizinische Personal Hervorragendes geleistet wird. Doch eines wird in der ganzen Berichterstattung nicht erwähnt: Dass auch in Suhl selbst nicht zu viele Hebammen beschäftigt sind. In dieses Bild passt, dass der SRH-Geschäftsführer das Angebot nicht direkt an den Geschäftsführer des Elisabeth Klinikums oder den Aufsichtsrats-Vorsitzenden schickt, sondern per Pressemitteilung an alle, die es wissen sollen. Und in dieses Bild passt auch, was am Samstag in STZ/Freies Wort zu lesen war und was sich in den gemeinsamen Gesprächen schnell abzeichnete: Hier ruderte der SRH-Pressesprecher zurück und musste einräumen, dass eine „einfache und kurzfristige Lösung nicht zustandekommen werde. Die Probleme in unserem Klinikum hätten sich „wesentlich komplexer dargestellt, als aus der Zeitung zu vermuten war“, so der Kommunikationschef des SRH-Klinikums. Na was glauben diese Herren eigentlich, was wir hier am Klinikum den ganzen Tag so machen? Wie ernst war also das Angebot aus Suhl gemeint, personelle Abhilfe zu schaffen zu wollen? Oder ging es am Ende gar nicht um Großzügigkeit? Ging es vielmehr darum, die eigenen Fallzahlen zu verbessern und den Konkurrenten aus Meiningen und Bad Salzungen ein Schnippchen zu schlagen – was aus SRH-Sicht nur verständlich ist? Oder wurde den Menschen hier eine Lösung vorgegaukelt, die gar keine sein konnte? Eine Meinung kann sich jeder selbst bilden.
Ich möchte jedenfalls die Gelegenheit nutzen, um mich bei allen Menschen zu bedanken, die in den letzte Wochen Anteil genommen haben. Die emotional mit unserem Klinikum verbunden sind – und die sich aufrichtig um den Erhalt unserer Geburtshilfe bemüht haben. Doch die traurige Wahrheit ist: Wenn kein Wunder geschieht und bis Ende nächster Woche genügend Personal gefunden wird, muss der Beschluss des Aufsichtsrates vollzogen werden.
Und ebenfalls bedanken möchte ich mich bei allen Mitarbeitern unseres Klinikums, die Tag und Nacht, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche unser Klinikum für unsere Menschen in der Region am Laufen halten. Und das mit einer medizinischen und pflegerischen Kompetenz, die man an einem Haus unserer Größenordnung suchen kann.