„Wir haben bewegte Zeiten und werden noch lange bewegte Zeiten haben“ mit diesen Worten eröffnete Mike Hemmann, Fachdienstleiter Ausländer- und Personenstandswesen im Landratsamt Schmalkalden-Meiningen am 25. November 2015 das dritte Treffen des Integrationsnetzwerkes. Seit der Gründung am 5. Dezember 2014 habe sich enorm viel getan. Das mache allein schon der aktuelle Ist-Stand deutlich, den Hemmann zu Beginn der Tagung aufzeigte:
200 neue Flüchtlinge pro Monat
Aktuell nehme der Landkreis gemäß Königsteiner Schlüssel pro Monat rund 200 neue Flüchtlinge auf. Mittlerweile sei die 1.100er-Marke geknackt. Um den Flüchtlingsstrom zu bewältigen, unterhält der Landkreis momentan in 16 Orten 190 angemietete Wohnungen und fünf Gemeinschaftsunterkünfte. Nach wie vor suche man dringend Wohnraum und hoffe auf die Mithilfe der Bürgerinnen und Bürger.
Welche Erleichterungen das neue Asylgesetzpaket verspricht, erklärte Gastredner Maik Werner, der für Thüringen verantwortliche Regionalkoordinator vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Das Gesetz beinhaltet im Kern schärfere Asylregeln, schnellere Verfahren, die Einstufung weiterer Staaten als sogenannte sichere Herkunftsländer und höhere Finanzhilfen des Bundes für die Länder. Eine weitere wichtige Änderung: Für diejenigen, die eine Bleibeperspektive haben, wurde der Zugang zu Sprach- und Integrationskursen geöffnet. „Ziel ist der Aufbau einer stringenten Förderkette für Sprachangebote, die insgesamt rund 1300 Unterrichtsstunden abdeckt“, erklärt Werner. In diesem Kontext seien auch die Zugangsvoraussetzungen für Lehrkräfte erleichtert worden. Kosten für erforderliche Zusatzqualifikationen würden nun unter bestimmten Bedingungen vom Bund erstattet. Ab 2016, so Werner, will der Bund die Länder mit einer Kopfpauschale in Höhe von 670 Euro pro Monat entlasten, die während der Zeit des Asylverfahrens gezahlt werden. Neben der Einführung der bundesweiten Aufnahmepflicht für unbegleitete Minderjährige sei zusätzlich die Schaffung von Flüchtlingsunterkünften erleichtert worden.
Eröffnung der neuen BAMF-Außenstelle in Suhl

Gastredner Maik Werner vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stellte die Neurungen des Asylgesetzpakets vor.
Auch die Eröffnung der neuen BAMF-Außenstelle in Suhl kam zur Sprache. Maik Werner deutete an, dass diese „perspektivisch auf insgesamt 50 Mitarbeiter aufgestockt und unter Umständen zur Modell-Außenstelle ausgebaut werden soll.“ Im Eilverfahren könnten so von der Antragstellung bis zur -entscheidung Asylverfahren an nur einem Tag bearbeitet werden. „Das Verfahren werde aber zur Zeit noch in Heidelberg erprobt“, berichtet der Regionalkoordinator. Vereinfachte Fördermodalitäten bei Projektanträgen und Unterstützungen bei Fahrtkosten auch für ehrenamtliche Helfer, so die dringende Bitte der Ausländerbehörde, seien laut Werner momentan nicht im Gespräch. Gerne rege er das aber in der wöchentlichen Konferenz mit der Nürnberger Zentrale an.
Großes Lob für ehrenamtliche Helfer
„Rückblickend auf die Arbeit der vier Arbeitskreise im Integrationsnetzwerk sei vor Ort in einem Jahr viel erreicht worden“, spannte Fachdienstleiter Mike Hemmann den Bogen zum Lokalen. Viele Sprach- und Veranstaltungsangebote sowie Orte der Begegnung zwischen Einheimischen und Flüchtlingen sind entstanden. Der Willkommensbogen zur Erfassung der wichtigsten Daten der ankommenden Asylbewerber wurde ausgearbeitet und soll zukünftig etabliert werden. Er soll helfen, die bestehende Nachfrage zu ermitteln und den Flüchtlingen geeignete Freizeit- und Berufsangebote zu vermitteln. Seit Zuwachs der Flüchtlingszahlen, ebbt die enorme Hilfs- und Spendenbereitschaft im Landkreis nicht ab. „Die vielen ehrenamtlichen Unterstützer machen zahlreiche Hilfs- und Integrationsangebote überhaupt erst möglich“, lobte Hemmann das große freiwillige Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger aber auch die Arbeit der vielen hauptamtlichen MitarbeiterInnen. Untergebracht sind ein Großteil der Flüchtlinge nach wie vor in Meiningen, doch auch die Zusammenarbeit mit den meisten Städten, wie z.B. Wasungen und Steinbach-Hallenberg, und vielen kleinen Gemeinden laufe kooperativ.
Neue Veranstaltungsangebote im „Cabrini“
Mit der Eröffnung der Willkommens- und Begegnungsstätte „Cabrini“ vor zwei Monaten in Meiningen sei ein wichtiger Meilenstein erreicht. „Unsere festen Sprechzeiten und Beratungsangebote sind durchweg gut frequentiert“, berichtet Caritas-Mitarbeiterin Ivonne Remter, die u.a. zusammen mit Leiterin Tabea Hirsch das Cabrini betreut. Neben regelmäßigen Kindernachmittagen und Spendenbasaren lädt die Begegnungsstätte seit Kurzem Flüchtlinge und Einheimische zu Themenabenden ein. Unter dem Titel „Länderspiegel“ informieren ortskundige Referenten beispielsweise über die Situation in den Heimatländern der Flüchtlinge. Die Veranstaltungsreihe „Die Brücke zwischen Orient und Okzident“ will am 8.12. erstmals weibliche Flüchtlinge und einheimische Bürgerinnen über Musik und Kunst die Religionen Christentum und Islam näher bringen. „Für neue Ideen und Veranstaltungen anderer Anbieter sind wir offen und stellen gern Räumlichkeiten zur Verfügung“, lädt Remter ein. Auch Hausaufgabenhilfen in Kooperationen mit den ansässigen Schulen seien in Planung. Darüber hinaus diene das Cabrini als zentrale Anlaufstelle für neu ankommende Flüchtlinge. „Hier wird ihnen die Möglichkeit gegeben, erst einmal zur Ruhe zu kommen und durchzuatmen, bevor sie – oftmals erst in den Abendstunden – in eine Unterkunft gebracht werden können“, beobachtet Remter.
Begegnungstreff im Jugendhaus Walperloh
Bewegung komme auch in die Nachbarstadt Schmalkalden berichtet Tamara Wedel vom Runden Tisch für Asylbewerber. Während am Donnerstag die Schmalkalder Außenstelle der Ausländerbehörde in der Sandgasse 2 mit vier Mitarbeitern seine Arbeit aufnahm, öffnete eine Woche zuvor der zweite Willkommens- und Begegnungstreff im Landkreis, im Jugendhaus Walperloh, seine Pforten. Dieser biete für den Altkreis Schmalkalden eine näher gelegene Alternative zum Cabrini.
Quantensprung bei Sprachkursen
Abschließend berichteten vhs, Handwerkskammer und die Agentur für Arbeit über alle laufenden und geplanten Kurs- und Sprachangebote, beruflichen Weiterbildungsangebote und die Schaffung von Grundlagen zur Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt. Auch in den Schulen gehören Deutschkurse für Flüchtlingskinder mehr und mehr zum festen Repertoire. Insgesamt 12 Kurse laufen ab 1. Januar 2016 in neun Schulen. Zusätzlich wurden in Meiningen, Zella-Mehlis und Schmalkalden Berufsvorbereitungsjahre zum Erlernen der deutschen Sprache etabliert. „Bedenkt man, dass wir vor einem Jahr noch am Punkt Null standen und in den Schulen kaum ein Kurs vorgehalten wurde, haben wir bis heute einen riesigen Quantensprung gemacht“, so Eberhard Balzer vom Staatlichen Schulamt Südthüringen.