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Aktionswoche der Schuldnerberatung

In Deutschland ist fast jeder zehnte Einwohner verschuldet – eine besorgniserregende Quote, die auch auf den Landkreis Schmalkalden-Meiningen zutrifft. Die Verschuldungsquote beträgt hier 9,11 Prozent und liegt damit fast genau im Landesschnitt von 9,07 Prozent. Allerdings ist die Quote gegenüber dem Vorjahr um 0,19 Prozent angestiegen. „Die Problemlagen werden immer komplexer“, so Silke Schenk von der Schuldnerberatungsstelle im Landratsamt Schmalkalden-Meiningen.

Hauptauslöser für Schulden sind nach ihren Angaben Arbeitslosigkeit, Trennung bzw. Scheidung und gescheiterte Selbstständigkeit. In der Aktionswoche Schuldnerberatung vom 15. bis 19. Juni wollen die Schuldnerberatungsstellen landesweit zum Thema „Arm und überschuldet trotz Arbeit“ auf die Beratungs- und Hilfsangebote aufmerksam machen.

Von Überschuldung besonders betroffen sind nicht nur Menschen in speziellen sozialen Situationen, das Problem zieht sich vielmehr durch alle gesellschaftlichen Schichten und hat weitreichende soziale Folgen für den Einzelnen wie auch das familiäre Umfeld. Die Überschuldeten, die sich an die Beratungsstellen wenden, haben nicht nur Probleme mit ihren finanziellen Verhältnissen. Viele leiden auch unter gesundheitlichen Problemen wie Angstzuständen oder Suchterkrankungen. Die Berater und Beraterinnen müssen auch diese Problemfelder für eine nachhaltige Regulierung der Schulden im Blick haben. Oft müssen weitere soziale Hilfsangebote vermittelt werden.

Momentan zahlt das Land eine volle Beratungsstelle je 100.000 Einwohner. Finanziert wird ausschließlich die Verbraucherinsolvenzberatung und die Fachberatungsstelle für die Schuldnerberatungsstellen in Erfurt. Die Schuldnerberatung vor Ort finanzieren dagegen die Landkreise. In der Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung des Landkreises versuchen derzeit vier Mitarbeiterinnen Bürgern aus der Schuldenfalle zu helfen.

Nach wie vor suchen die meisten Hilfesuchenden erst die Beratungsstelle auf, wenn es fünf vor zwölf ist. „Aufgrund der hohen Nachfrage müssen Betroffene, die sich an die Schuldnerberatung wenden, aber längere Wartezeiten einplanen“, verweist Silke Schenk, Leiterin der Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung im Landratsamt Schmalkalden-Meiningen. Bei akuten Problemlagen, wie aktuellen Miet- und Energieschulden, Problemen mit dem Konto oder wenn eine Bescheinigung für ein Pfändungsschutzkonto benötigt wird, stehen kurzfristig Termine innerhalb einer Woche zur Verfügung. Unter den bisher 181 Anmeldungen im Jahr 2015 erhielten 28 innerhalb von einer Woche einen Krisentermin. Für weitere Informationen oder Beratungsbedarf können sich Betroffene an die Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung des Landkreises Schmalkalden-Meiningen wenden (Tel.: 03693 – 485 517 oder per E-Mail an schuldnerberatung@lra-sm.thueringen.de). Jeden Freitag wird auch eine Telefonsprechstunde unter der oben genannten Telefonnummer angeboten. Diese findet in der Zeit von 10 – 12 Uhr statt.

Ein typischer Fall: Wenn man der Handy-Schulden nicht mehr Herr werden kann

Die Beraterinnen und Berater haben es mit Fällen wie dem eines 20-Jährigen zu tun, der seiner Handy-Schulden nicht mehr Herr wird. Vor zwei Jahren hatte er sich erstmalig einen Handyvertrag mit neuem Handy zugelegt. Monatlich bezahlte er hierfür 30 Euro.

Nach einem Jahr wurde ihm das Handy gestohlen. Um wieder zum vermeintlichen Nulltarif an ein Handy zu kommen, schloss er einen zweiten Zwei-Jahres-Vertrag ab und hatte damit monatliche Kosten von 60 Euro. Beide Verträge konnte er bald nicht mehr bedienen, da er nach seiner Ausbildung den sicher gewähnten Job nicht bekommen hatte und arbeitslos ist. Es flatterten erste Mahnungen ins Haus, die er ignorierte.

Nachdem bereits ein Inkassounternehmen eingeschaltet wurde, belaufen sich die Schulden auf mittlerweile 300 Euro. Beide Verträge werden nun wegen Zahlungsunfähigkeit durch die Mobilfunkanbieter gekündigt, so dass alle ausstehenden Monats-Grundgebühren und weitere Kosten (Handysperre, Zinsen) fällig werden. Innerhalb weniger Monate betragen die Schulden knapp 2000 Euro. Mit dem Vollstreckungsbescheid vom Amtsgericht haben die Gläubiger einen 30 Jahre gültigen Titel, der es erlaubt, in dieser Zeit immer wieder Sach- und Taschenpfändungen vom Gerichtsvollzieher vornehmen zu lassen. Die Zwangsvollstreckung beinhaltet außerdem Maßnahmen wie Vermögensauskunft und Forderungspfändungen mit Zugriff auf zukünftiges Gehalt, Sozialleistungen, Bankguthaben etc.

Vermutlich kommt der junge Mann ohne die Hilfe einer Schuldnerberatungsstelle nicht mehr aus dieser Schuldenspirale heraus. Was können die Experten der Beratungsstelle tun? Sie werden schuldnerschützende Maßnahmen zur Existenzsicherung einleiten, wie ein Pfändungsschutz-Konto und Korrespondenz mit Gläubigern bis hin zum Verbraucherinsolvenzverfahren als eine mögliche Regulierungsmaßnahme. Wichtig im Beratungsprozess ist zudem das Aufstellen eines Haushaltsplanes, um den Überblick über Einnahmen und Ausgaben zu erfassen und weitere mögliche Überschuldungsgefahren zu vermeiden. Voraussetzung für die kostenfreie Beratung ist immer die Einsicht des Betroffenen, seine Freiwilligkeit sowie Vertrauen, so die Expertinnen der Schuldnerberatung.

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