Noch vor 25 Jahren lag Bayern für viele Thüringer ganz nah und war doch unerreichbar bis es schließlich 1989 zur Friedlichen Revolution auf dem Gebiet der DDR und am 9. November auch in Südthüringen zur Öffnung der innerdeutschen Grenze kam.
An dieses wohl bedeutendste historische Ereignis der jüngsten Geschichte erinnerte am Montag die Gedenkveranstaltung „25 Jahre Grenzöffnung“ in der Autobahnkirche am Parkplatz „Thüringer Tor“ bei Bibra. Mehr als 50 Gäste folgten der gemeinsamen Einladung des Landkreises Schmalkalden-Meiningen und des Vereins „Autobahnkirche A 71“.
Unter ihnen: Der stellvertretende Landrat des Landkreises Rhön-Grabfeld Peter Suckfüll sowie Schmalkalden-Meiningens Landrat Peter Heimrich, Ralf Luther als Vorsitzender des Vereins Autobahnkirche A 71 sowie der Präsident des Rotary-Club Schmalkalden, Dr. Alexander Bernasowski. Besonderer Ehrengast an diesem Abend war Renate Steigerwald. Innigster Herzenswunsch ihres 2013 verstorbenen Mannes und Altlandrates des Landkreises Rhön-Grabeld, Dr. Fritz Steigerwald, war es, die Autobahnkirche unweit der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze als christlichen Denk- und Dankort zu errichten. Die fast fertig gestellte Kirche bildete somit einen würdigen Ort für das gestrige Jubiläum, das vom Jugendmusikverein Jüchsen sowie Bildwerken und musikalischen Einlagen des Kaltennordheimer Künstlers Gernot Ehrsam umrahmt wurde.
Schmalkalden-Meiningens Alt-Landrat Luther, der sich dem Vermächtnis Steigerwalds angenommen und sich dem Bau der Autobahnkirche unter der Überschrift „Grenzen überwinden“ verpflichtet fühlt , konnte seit Beginn der Bauarbeiten vor zehn Jahren bereits rund 200 Tausend Euro Privat-Spenden gewinnen. In seiner Eröffnungsrede sprach er ausdrücklich nochmals allen Unterstützern seinen herzlichsten Dank aus. Die Inneneinrichtung mit Altar und Sitzgelegenheiten sowie ein Eingangsportal seien mit rund 30 Tausend Euro Spendenbedarf zwar noch zu finanzieren. Luther war jedoch zuversichtlich, dass spätestens im November 2015 zum 26. Jubiläum des Mauerfalls alles fertig sei. „Die Autobahnkirche werde so als spätes Kind der Wiedervereinigung eröffnet“, so Luther. Auch Renate Steigerwald, die im Namen Ihres Mannes Blumengrüße entgegennahm, freute sich auf die baldige Eröffnung mit den Worten „Was lange währt, wird endlich gut“.
„Es sind Erinnerungen der Spannung, der Freude und des Glücks, die unvergesslich für uns alle bleiben“, blickte anschließend Peter Suckfüll, Vize-Landrat im Nachbarlandkreis Rhön-Grabfeld, auf die Wendezeit zurück. Er selbst und viele andere hätten die Parolen bei den Montagsdemonstrationen in Leipzig, die Rede Hans-Dietrich Genschers in der Prager Botschaft oder die historischen Worte Günter Schabowskis hautnah miterlebt. „Allein beim Gedanken an die dramatischen Ereignisse bekomme ich heute noch Gänsehaut“ gesteht Suckfüll. Für ihn war die Grenzeröffnung vor 25 Jahren ein unvergleichlich großer Glücksfall für Deutschland und einen noch größerer Glücksfall für unsere Region. Dieses Erbe mit den wenigen, noch sichtbaren Zeugnissen der Wendezeit gelte es zu achten, denn „Nur wer seine Geschichte kennt und daraus lernt, wird seine Zukunft erfolgreich gestalten.“ Mit Blick auf die Fertigstellung der Autobahnkirche wünschte Suckfüll dem Verein um Ralf Luther daher viel Erfolg.
Auch Landrat Peter Heimrich erinnerte sich noch gut an das Jahr 1989, als ihm von einer Nacht auf die andere als 19 Jähriger plötzlich nie zuvor gekannte Freiheiten wie Puma Turnschuhe oder „Tote Hosen“-Konzerte offen standen. „Der Unrechtstaat DDR war mit diesem Tag Gott sei Dank Vergangenheit“, blickte Heimrich zurück. Amtskollege Suckfüll aus dem Nachbarlandkreis dankte Heimrich für sein erstes Begrüßungsgeld in Bad Neustadt. „Das haben wir noch am selben Tag wieder bei euch ausgegeben“, spaßte Heimrich. Auch wenn nach 1989 auch nicht alles rosig lief – Betriebe schlossen und Arbeitslosenzahlen schnellten in die Höhe – sei die Abstinenz von Rechtstaatlichkeit in der DDR untragbar gewesen. An einem Tag wie diesem sei es umso wichtiger, sich zu erinnern. „Was vor 25 Jahren fremd, neu und verlockend war, ist heute Normalität. Vieles, von dem, was uns vor 25 Jahren auf die Straße trieb, ist für den einen oder anderen vielleicht weit weg, darf aber keinesfalls vergessen werden“, gab Heimrich zu Bedenken. Heute seien die Lebensverhältnisse in den Nachbarlandkreisen Schmalkalden-Meiningen und Rhön-Grabfeld längst angeglichen. Auch länderübergreifende Projekte wie das gemeinsame Fußball-Turnier der Grundschulen oder die ARGE Rhön werden verfolgt Heimrich hoffte daher, dass auch zukünftige Potenziale der Vernetzung und Partnerschaft, wie beispielsweise im Bereich ÖPNV noch stärker zum Tragen kommen.
Den emotionalen Höhepunkt der Gedenkveranstaltung bildete abschließend das gemeinsame Singen der deutschen Nationalhymne, in die alle Gäste – spürbar bewegt und dankbar über die vor 25 Jahren bewirkte Freiheitsbewegung – einstimmten.